Kinder(haus)-Geburtstag
Hans Georg Knapp, BBV
Der Verein war der erste
konfessionsfreie Träger in Bocholt. Jetzt feiert das Kinderhaus an der
Blücherstraße 20-jähriges Bestehen. Inzwischen spielen und lernen dort 40
Kinder in zwei Gruppen.
Im Eingang stauen sich Taschen,
Kindersitze, Kinder. Auch Eltern, aber die verschwinden gleich wieder. Bis
auf einen Vater, der Fahrdienst hat. Denn gleich geht’s los zum Hallenbad.
Die Kinder vom Kinderhaus an der Blücherstraße sind auf dem Sprung. Und
bleiben trotzdem ruhig und gelassen, von der rothaarigen Lena bis zum
blonden Hannes. Elisabeth Gerlach hat hier schon viele Kinder kommen und
gehen sehen. Im Kinderhaus arbeitet die Erzieherin seit 19 Jahren – fast so
lange, wie es das Kinderhaus gibt. Das feiert am Sonntag, 5. Juni, seinen
20. Geburtstag. „Das war erst eine Privatsache, die sich gemausert hat“,
blickt Gerlach zurück. Damals setzte jemand eine Annonce auf, ein anderer
stellte sein Haus zur Verfügung. Hildegard Köppen kam dazu, Erzieherin mit
Montessori-Diplom. Das Kinderhaus war geboren.
„Wir waren der erste konfessionsfreie
Träger in Bocholt“, erzählt Margret Handschuh, seit neun Jahren Leiterin.
„Entsprechend groß war der Andrang.“ Ein Jahr, bevor die Tagesstätte
gegründet wird, entsteht der Verein „Kinderhaus“. Mitglieder sind seit jeher
die Eltern. „Mit ihnen gibt es eine intensive Zusammenarbeit“, sagt
Handschuh. Das reicht von der Vorstandsarbeit über hausmeisterliche
Tätigkeiten bis zum „Elterndienst“, der Arbeit mit den Kindern. „Arbeit“
nannte Ärztin und Pädagogin Maria Montessori die
selbstbestimmte Auseinandersetzung der Kinder mit ihrer Umwelt. Das
Prinzip: „Hilf mir, es selbst zu tun!“ Gegenstände und Tempo des Lernens
bestimmt das Kind. „Das ist das Gegenteil von
Laissez-faire“, widerspricht Handschuh einem gängigen Vorurteil.
„Klare Grenzen spielen hier eine wichtige Rolle.“
Die Blücherstraße ist der dritte
Standort des Kinderhauses. Von der Lönsstraße zieht die Elterninitiative im
September 1985 zur Münsterstraße. Sieben Jahre später, kurz vor dem zweiten
Umzug, fällt das Gebäude dort einer Brandstiftung zum Opfer. Schon deshalb
ist die Blücherstraße ein Neuanfang. Erst hier wird eine zweite
Kindergartengruppe ins Leben gerufen. Seitdem sind diese Zahlen stabil: Auf
rund 40 Kinder kommt etwa ein Dutzend Betreuerinnen. Die Kinderhauskinder
der ersten Stunde sind heute erwachsen. Ihre Eltern haben bis spät in die
Nacht über Pädagogik diskutiert. „Alle zwei Wochen war Elternabend“,
berichtet Handschuh. „Und da war es brechend voll“, ergänzt Gerlach. Spuren
hat das auf jeden Fall hinterlassen. Zum Beispiel bei Lena Körperich, die zu
den ersten Kindern des Kinderhauses zählt. Heute ist sie hier Praktikantin.
(BBV von Donnerstag, 2. Juni 2005) |